Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung

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Projekt LONGLIFE (Ostseeraum)

Männer in Anzügen und Helmen auf Baustelle
Quelle: Projekt Longlife

Amerikas Automobil der Zukunft: Große Autos mit großen Motoren, also wahre Spritschlucker. Wäre dies auch Ihre Wahl? Auf diese Frage wird die Mehrheit empört den Kopf schütteln. Aber es bleibt dabei: Die Meisten haben ihre ganz persönlichen Spritschlucker zu Hause, z. B. ihr Haus. Viele Häuser sind energetisch so antiquiert wie die Fahrzeuge aus Detroit. Die Partner aus LONGLIFE gehen einen gemeinsamen Weg, um den Energieverbrauch eines Gebäudes über seine Lebensdauer zu senken.

Kampf den steiernen Spritschluckern

Das Leuchtturmprojekt LONGLIFE

So definiert Amerika für sich das Automobil der Zukunft: Große Autos mit großen Motoren, also wahre Spritschlucker. Wäre dies auch Ihre Wahl? Auf diese Frage wird die Mehrheit empört den Kopf schütteln. Natürlich verbieten sich die meisten Menschen zum Wohle der Umwelt, des Klimas oder wegen hoher Unterhaltskosten solche Autos. Aber es bleibt dabei: Die Meisten haben ihre ganz persönlichen Spritschlucker zu Hause, z. B. ihr Haus. Denn viele unserer Häuser sind energetisch so antiquiert wie die Fahrzeuge aus Detroit. Sie verbrauchen 20, 30 oder gar 40 Liter Heizöl pro und Jahr. Selbst Neubauten verbrauchen noch über 10 Liter. Dabei ginge es mit 3 oder gar nur 1,5 oder 0 Litern. Die Vielfalt innerhalb der EU bei Bautechnologien und -verfahren wie Planung, Baugenehmigung und Ausschreibungsverfahren, Finanzierungsmodellen oder bei den Standards zum nachhaltigen Bauen verbessert diese Situation nicht. 15 Partner aus 5 Nationen vereint die Hoffnung, einen gemeinsamen, besseren Weg zu finden, um den Energieverbrauch eines Gebäudes über seine Lebensdauer zu senken. EU-typisch vereinen sie sich unter dem sprachlich etwas sperrigen Banner von „Sustainable, energy efficient and resource saving, residential buildings with consideration of unified procedures and new and adapted technologies” oder einfacher „LONGLIFE”.

Gespart beim Bau, gezahlt ein Leben lang

Der Bauboom der letzten Jahrzehnte half nicht, energieeffiziente Technologien bei Gebäuden weit zu verbreiten. 40% des Endenergieverbrauchs entfallen europaweit auf Gebäude – 10 % mehr auf den gesamten Verkehr! Die Einsparpotenziale sind groß. Bei vielen Gebäuden lassen sich 90 % des Energieverbrauchs einsparen. Die nötige Technik ist ohne große Probleme erhältlich. Hausbesitzer und Investoren nutzen diese energieeffizienten Technologien kaum, weil sie ein bisschen teurer sind. Über die typische Lebensdauer eines Einfamilienhauses von etwa 80 Jahren entstehen die Hauptkosten eines Hauses: Die Betriebskosten. Hier rächt es sich, beim Bau gespart zu haben. Ein Umdenken kommt nicht nur dem Geldbeutel der Hausbesitzer zu Gute, sondern auch dem Klima. Kosten und Folgen des Klimawandels machen vor keiner Landesgrenze halt. Hinzu kommt, dass es alleine in den fünf Nationen von LONGLIFE ungezählte nationale und regionale Bauvorschriften und -standards etc. gibt. Im Ostseeraum gibt es keine einheitlichen Standards für Planungs-, Genehmigungs- und Ausschreibungsverfahren. Diese Vielfalt erschwert die Weiterverbreitung von energieeffizientem und ressourcenschonendem Bauen.

Team Longlife Gruppenbild
Quelle: Projekt Longlife

Einer für alle und alle für einen

Hier setzt Longlife an. Longlife zielt a) auf eine Optimierung der Methoden und Konstruktionen, b) auf die Übernahme und Eingliederung neuer energieeffizienter Technologien für Wohngebäude und möchte c) die Bauvorschriften zwischen den Nationen harmonisieren. Dies alles mit dem Ziel einer Reduzierung des Energiekonsums insgesamt über die Lebenszeit der Gebäude. Drei transnationale Teams nehmen sich separat dieser drei Aufgaben an. Jedes Land ist in jedem Team vertreten. Je ein Team besteht aus Vertretern der Wissenschaft, der Wirtschaft und Verwaltung. Jeder Partner trägt zu jeder Aufgabe bei. So soll garantiert werden, dass die Ergebnisse höchste Akzeptanz und Schlagkraft besitzen. „Wir haben alle ein gemeinsames Problem“, meint Müller-Zinsius, Sprecher der Geschäftsführung des Unternehmensverbundes PRO POTSDAM GmbH, und dass „Gleichmachen“ sich lohnt, weiß man schon aus anderen Bereichen: Zwar kosten Standards Deutschland pro Jahr geschätzte 600 Mio. EUR, aber sie sparen auch rund 16 Mrd. EUR – jedes Jahr!

12.000 klimafreundliche Wohnungen für Potsdam

LONGLIFE wird einheitliche Richtlinien für Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und niedrige Betriebskosten über die Lebensdauer eines Gebäudes, sogenannte life cycle costs, wie auch Minimumstandards für nachhaltige Gebäude erstellen. Diese Richtlinien werden in einem Prototyp umgesetzt – komplett von der Planung über das administrative Genehmigungsverfahren bis zum europaweiten Ausschreibungsverfahren für den Prototyp eines Wohngebäudes. Dieser Prototyp wird national angepasst und in Pilotprojekten umgesetzt. Die kompletten Planunterlagen der Pilotprojekte werden öffentlich kostenfrei erhältlich sein und basieren auf gemeinsamen Standards der fünf Nationen. Finanzierungspläne wie auch Pläne für den laufenden Betrieb werden für Planer, Wohnbaugesellschaften und Baufirmen entworfen und zur Verfügung gestellt. Abschließend wird der Prototyp als nachhaltiges Gebäude zertifiziert. Ziel ist es, dass dieses Gebäude von interessierten Firmen in den beteiligten Ländern ohne Weiteres gebaut werden kann, da akzeptierte, länderübergreifende Standards genutzt werden. Das ist so interessant, dass Potsdam diesen Prototyp nutzen will. Obwohl er noch gar nicht gebaut wurde. Potsdam erwartet über die nächsten Jahre bis zu 10.000 neue Haushalte. Tausende neuer Wohnungen sollen entstehen. „Eine Herausforderung und einmalige Chance für ein klimafreundlicheres Potsdam“, weiß Professor Dr.-Ing. Klaus Rückert von der TU Berlin, die als Leadpartner von LONGLIFE fungiert. Vielleicht wäre dieses Projekt ohne INTERREG-Gelder so gar nicht möglich gewesen und einheitliche Richtlinien und Prototyp wären weiterhin bloß schöne Pläne oder reine Gedankenspiele geblieben. „Wir würden wahrscheinlich Jahre brauchen, um ähnliche Ziele wie bei LONGLIFE mit eigenen Mitteln zu erreichen“, ergänzt der Bauingenieur. „Dann wäre aber in Potsdam schon gebaut worden“, meint der Sprecher von PRO PORTSDAM, „allerdings wohl weniger ressourcenschonend und klimafreundlich“.

Der Erfolg – er soll möglichst bleiben

„Wir sind von unserem Ansatz überzeugt“, schwärmt Müller-Zinsius. Schon kurz nach dem Start des Projekts ist man sich über die Zukunft nach INTERREG sicher: Das transnationale Netzwerk soll nach der Projektlaufzeit seine Arbeit im Verein „Baltic Sea Housing Development Association“ (BASHDA) fortführen.

LONGLIFE ist INTERREG-Leuchtturm…

… weil das Projekt so schnell umgesetzt wird, dass es direkten Einfluss auf die Entwicklung einer deutschen Großstadt hat;

... weil es hilft, umweltfreundliche, ressourcenschonende Technologien weiter zu verbreiten;

... weil es Gemeinsamkeiten über Ländergrenzen hinweg schafft.

Männer und Frauen in Anzügen und Helmen auf Baustelle
Quelle: Projekt Longlife

Interview mit Horst Müller-Zinsius, Sprecher der Geschäftsführung des Unternehmensverbundes PRO POTSDAM GmbH

Horst Müller-Zinsius studierte Architektur und ist seit mehr als 15 Jahren als Geschäftsführer in der Wohnungswirtschaft tätig. Er erlebte seither sowohl die Entwicklung der gesetzlichen Vorgaben zur Energieeinsparung bei Wohngebäuden als auch den damit verbundenen technischen Fortschritt.

Herr Müller-Zinsius, was war für Sie im Rahmen des Projekts ein ganz besonderes Erlebnis?

In einem international zusammengesetzten Team an aktuellen Themen des Wohnungsneubaus zu arbeiten ist eine neue Erfahrung. Es gibt in allen beteiligten Ländern erfahrene und engagierte Fachleute, die jedoch oftmals ein paar Dinge anders machen, bzw. anders umsetzen als wir es tun. Das Spannende daran ist, dass wir aus verschiedenen Gesellschafts- und Bautraditionen kommen und auch unsere Wertesysteme unterschiedlich sind. Gleichzeitig gibt es aber auch gemeinsame Wurzeln und Traditionen. Beides wird in diesem Projekt deutlich: Das Gemeinsame macht es möglich, einander zu verstehen, das Unterschiedliche ist das lehrreiche, kreative und bereichernde Element. Die unkomplizierte Art der Teilnehmer, sich aufeinander einlassen, war dabei das besonders Überraschende..

Warum war es so sinnvoll, in diesem Kontext transnational zusammenzuarbeiten?

Wir haben alle ein gemeinsames Problem und das macht vor keiner Ländergrenze halt – die Energiepreise steigen und Ressourcen werden knapper. Wir müssen umdenken und unsere Bauweisen landschafts- und traditionsbezogen anpassen. Deshalb ist es sinnvoll, Wissen auszutauschen und Erfahrungen zu bündeln. Hinzu kommt die unterschiedliche Rezeption des Problems in den beteiligten Ländern. Die dänischen Kollegen scheinen uns z.B. im Praktischen ein paar Schritte voraus zu sein, wir sind evtl. im Theoretischen weiter. Bei den osteuropäischen Kollegen gestaltet sich das Bauen nicht zuletzt wegen der klimatischen und ökologischen Bedingungen nochmals anders. Und so ergänzen sich im Projekt LONGLIFE die Vorteile, und die Defizite heben sich auf – wir sind gemeinsam in der Lage, ganz anders zu sehen und zu analysieren. Alleine unter unserem gewohntem Horizont würde dies nicht gelingen.

Welche wichtige Erfahrung können Sie an alle weitergeben, die ein ähnliches Projekt anstreben?

Seien Sie offen! Wer will, der kann in so einem Projekt die Europäische Union erleben, ihre Vielfalt und die anregende Kraft, die aus der Unterschiedlichkeit erwächst. Wer glaubt, er könne nichts mehr lernen, der verpasst was. Nicht nur fachlich, sondern auch menschlich.

Fakten zum Projekt

Kooperationsraum:
Ostseeraum
Förderzeitraum:
Interreg IV B, 2007 - 2013
Konsortium:
15 Partner Deutschland, Dänemark, Litauen, Polen und Russland
Themenschwerpunkt:
Klimaschutz und -wandel
Ziel:
Die Entwicklung eines gemeinsamen standardisierten Prototypen für ein energie- und ressourcensparendes Haus.
Website:
Projekt LONGLIFE

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Horst Müller-Zinsius, Sprecher der Geschäftsführung des Unternehmensverbundes PRO POTSDAM GmbH

Horst Müller-Zinsius, Sprecher der Geschäftsführung des Unternehmensverbundes PRO POTSDAM GmbH