Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung

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Ast mit Raupe und Schmetterlingen
Quelle: Mathisa, Shutterstock

Kreislaufwirtschaft als Treiber einer zukunftsfähigen und ressourcenschonenden Raum- und Regionalentwicklung

Welche Bausteine braucht es, um den Wandel hin zu einer ortsbezogenen und ressourcenschonenden Wirtschaft zu gestalten?

Welche Strategien benötigen Städte und Regionen, um zukunftsfähig und resilient zu sein? Als ein Ansatz zur Beantwortung dieser Fragen gewinnt das Konzept der Kreislaufwirtschaft zunehmend an Bedeutung. Auch die transnationale Interreg-Programmen 2021 bis 2027 bieten kommunalen und regionalen Akteuren neue Perspektiven der Zusammenarbeit in diesem Feld. Während man ursprünglich Kreislaufwirtschaft (englisch Circular Economy) vor allem auf Abfallvermeidung und -beseitigung bezogen hat, wird sie heute als neues politisches Handlungsfeld und sektorübergreifender Ansatz verstanden, der eine lokale und diversifizierte Wirtschaft fördert. Sowohl im Green Deal als auch in der Kreislaufwirtschaftsstrategie der EU oder in der Territorialen Agenda 2030 ist das Konzept eine wichtige Stellschraube in der Transformation hin zu einem „grünen Europa“. Ziel der Kreislaufwirtschaft ist es, dass Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln, also Ressourcen möglichst effizient in zirkulärer Weise zu nutzen, wie beispielsweise durch die Verlängerung der Lebens- und Nutzungsdauer von Erzeugnissen oder durch die Wiederverwertung von Produkten, Materialien und Stoffen.

Potenzial der Kreislaufwirtschaft für die ländliche Entwicklung in Deutschland und Europa

Um den Übergang zu einer ortsbezogenen und ressourcenschonenden Wirtschaftsweise zu ebnen und Entwicklungspotenziale zu generieren, ist der Ansatz auch als Beitrag zu einer nachhaltigen Raum- und Regionalentwicklung relevant. Viele urbane Räume haben die Potenziale der Kreislaufwirtschaft längst erkannt und suchen nach zirkulären Lösungen, um ökonomische, ökologische und soziale Vorteile des Ansatzes für sich nutzbar zu machen.

Bislang gibt es nur wenige Vorhaben, die die Anwendung der Kreislaufwirtschaft auch unter räumlichen Gesichtspunkten untersuchen, sich insbesondere der ländlichen Entwicklung widmen und dabei über die Bioökonomie hinausgehen. Doch gerade ländliche Regionen können von integrierten Strategien zur Anwendung der Kreislaufwirtschaft profitieren und langfristig einen Beitrag zur Verringerung von Disparitäten, zur Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts sowie zur Schaffung und zum Erhalt gleichwertiger Lebensverhältnisse leisten. Hier setzt ein aktuelles Forschungsvorhaben des BBSR an: Das Vorhaben „Potenzial der Kreislaufwirtschaft für die ländliche Entwicklung in Deutschland und Europa“ untersucht im Rahmen des Programms „Region gestalten“ welche Entwicklungspotenziale Kreislaufwirtschaft für eine integrierte ländliche Entwicklung bietet. Ein Schwerpunkt ist die Analyse räumlicher Faktoren, die für eine erfolgreiche Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft im ländlichen Raum ausschlaggebend sind. Dabei werden gelungene Fallbeispiele in Europa und in Deutschland untersucht und Rückschlüsse für die Umsetzung einer ortsbezogenen Kreislaufwirtschaft im ländlichen Raum gezogen.

Definitionsverständnis und Politikfeldanalyse für den ländlichen Raum erarbeitet

Im Forschungsvorhaben wurde die Definition von Kreislaufwirtschaft weiterentwickelt: Aufbauend auf dem ursprünglichen abfallwirtschaftlichen Verständnis wurden die systemischen Ansätze der Kreislaufwirtschaft integriert und auf den Kontext der ländlichen Entwicklung zugeschnitten. Der Bezug zu vorhandenen Potenzialen und wirtschaftlichen Abhängigkeiten ist für ländliche Räume essenziell und umfasst daher sowohl biotische als auch abiotische Stoffkreisläufe.

Systemisches Verständnis der Kreislaufwirtschaft für die ländliche Entwicklung

Kreislaufwirtschaft für ländliche Entwicklung, © Auf Grundlage der Ellen MacArthur Foundation, Prognos AG, IflS 2021
Quelle: Auf Grundlage der Ellen MacArthur Foundation, Prognos AG, IflS 2021

Die Politikfeldanalyse zeigte, dass regionale Strategien die Potenziale einer Kreislaufwirtschaft bislang eher selten miteinbezogen. Ebenso wenig wird dabei auf das Potenzial ländlicher Räume eingegangen. Ausnahmen sind dabei die Territoriale Agenda 2030 oder die Hightech-Strategie der Bundesregierung: Beide greifen räumliche Entwicklungspotenziale einer Kreislaufwirtschaft für den ländlichen Raum explizit auf.

Europäischer Beispiele für die Integration der Kreislaufwirtschaft

Insbesondere die Länder Finnland, Niederlande sowie auch Frankreich, Spanien und Portugal sind Vorreiter in der räumlichen Integration von Kreislaufwirtschaft. Finnland verfügt beispielsweise über eine Roadmap mit Circular-Economy-Strategien, die die NUTS-3 Ebenen umfasst. Die Niederlande haben sich das Ziel gesetzt, bis 2050 vollständig zirkulär zu sein, einzelne Provinzen bereits sogar schon bis 2030. Dafür erstellen die Provinzen Stoffstrom-analysen, um die regionalen Potenziale der Kreislaufwirtschaft zu identifizieren. Auch die südeuropäischen Länder weisen in der zirkulären Transformation den verschiedenen NUTS-Ebenen klare Zuständigkeiten zu und integrieren das Thema in regionalen Strategien.

Neuer thematischer Schwerpunkt auch in der transnationalen Zusammenarbeit 2021 – 2027

Für deutsche Akteure bieten sich im Rahmen der Interreg B-Programme 2021 – 2027 neue Möglichkeiten der europäischen Zusammenarbeit im Bereich der Kreislaufwirtschaft. Auch hier geht der Ansatz weit über das Verständnis der Abfallwirtschaft oder -vermeidung hinaus: Kreislaufwirtschaft unterstützt ausdrücklich die nachhaltige Entwicklung von Städten und Regionen, den achtsamen Umgang mit Ressourcen, die Klimaneutralität und auch die Verringerung der Auswirkungen des Klimawandels als auch die Anpassung daran. Dabei werden in den Interreg B-Programmräumen je nach räumlichen, ökonomischen, ökologischen und sozialen Gegebenheiten unterschiedliche Schwerpunkte der transnationalen Kooperation gesetzt, die einen ganzheitlichen Ansatz umfassen. Die Bedeutung des Themas für Akteure der Regionalentwicklung zeigt sich darin, dass fast alle Interreg B-Programme mit deutscher Beteiligung Kreislaufwirtschaft als einen eigenen thematischen Schwerpunkt gewählt haben und die Umsetzung regionaler Strategien zur Kreislaufwirtschaft fördern.

Im Alpenraumprogramm wird neben der Umsetzung regionaler Kreislaufwirtschaftsansätze unter anderem im Bereich der Bioökonomie auch die Erarbeitung interregionaler Kreislaufwirtschaftsansätze gefördert. Dadurch wird die Verwendung regionaler Produkte oder auch die Entwicklung von Lösungen nach transnationalen Wertschöpfungsketten unterstützt. Als weiteres wichtiges Handlungsfeld für kommunale und regionale Akteure ist die Zusammenarbeit in der Verbesserung der Kompetenzen auf allen politischen Ebenen und relevanten Wirtschaftszweigen zur Umsetzung von Kreislaufwirtschaftsstrategien vorgesehen. Dazu gehört auch der Kapazitätsaufbau und die Zusammenarbeit mit Interessensvertretern vor Ort.

Auch im Mitteleuropaprogramm bedeutet Kreislaufwirtschaft die Gestaltung des sozioökonomischen Wandels, nicht nur einzelner Wirtschaftszweige. Eine breite Beteiligung aller Regionen ist hier angesprochen, die sich zum Beispiel folgenden Themen transnational widmen können: Recycling und Rückgewinnung von Rohstoffen, regionalen und interregionalen Wertschöpfungsketten der Kreislaufwirtschaft oder nachhaltige Produktgestaltung.

Weitere Fördermöglichkeiten für Akteure der Raum- und Regionalentwicklung sind im Nordseeprogramm vorgesehen. Hier können sowohl Projekte umgesetzt werden, die sich auf die Umsetzung ganzheitlicher Kreislaufwirtschaftssysteme beziehen oder sich lediglich auf einen bestimmten Aspekt des Ansatzes fokussieren. Zukünftige Handlungsfelder für den Nordseeraum sind unter anderem die Unterstützung von zirkulären Ansätzen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft oder die Verbesserung von Verpackungsmethoden. Räumliche Aspekte werden zusätzlich durch die Förderung des Übergangs hin zu einem zirkulären Wirtschaften in ländlichen Regionen und der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Regionen angesprochen.

Auch im Nordwesteuropaprogramm wird Kreislaufwirtschaft als eigenes spezifisches Ziel angesprochen. Im Vordergrund steht hier das zirkuläre Wirtschaften in Verbindung mit der Umsetzung räumlicher Strategien, die einen langfristigen Beitrag zur Förderung einer nachhaltigen Regionalentwicklung im Programmraum leisten sollen. Unterstützt werden neben Ansätzen zur Abfallvermeidung, Recycling oder zirkulären Produktionsprozessen ebenfalls die Entwicklung regionaler Strategien und neuer Geschäftsmodelle.

Im Ostseeraum wird der Übergang hin zu einer Kreislaufwirtschaft unterstützt. Der ganzheitliche Ansatz soll die für den Ostseeraum relevanten Bereiche Wasser, Energie, Verkehr und Flächennutzung berücksichtigen und die Kreislaufwirtschaft explizit auch in räumliche Strategien mit integrieren und erproben. Darüber hinaus können Maßnahmen zur Unterstützung von Unternehmen bei der Umsetzung zirkulärer Ansätze oder auch zu Aktivitäten zur Veränderung von Denk- und Verhaltensweisen gefördert werden.

Der Donauraum ist der einzige der sechs Programmräume, der kein eigenes spezifisches Ziel zur Kreislaufwirtschaft gewählt hat. Jedoch bestehen auch hier transnationale Kooperationsmöglichkeiten: Im spezifischen Ziel „Förderung von Innovation und Technologietransfer in der Donauregion“ ist die Förderung der Kreislaufwirtschaft in ressourcenverbrauchenden Bereichen wie Elektronik und IKT, Verpackung, Textilproduktion oder dem Bauwesen vorgesehen. Zukünftige Handlungsfelder sind beispielsweise die Harmonisierung von Politiken und Strategien zur Kreislaufwirtschaft oder auch die Förderung der Umsetzung neuer Technologien in diesem Bereich.

Übersicht der thematischen Verankerung von Kreislaufwirtschaft in den transnationalen Interreg-Programmen 2021–2027

Alpenraum
Priorität 2 „CO2-neutraler und ressourcensensibler Alpenraum“: spezifisches Ziel „Förderung des Übergangs zu einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft“
Donauraum
Priorität 1 „Eine wettbewerbsfähigere und intelligentere Donauregion“: spezifisches Ziel „Förderung von Innovation und Technologietransfer in der Donauregion“ – Fokus Kreislaufwirtschaft
Nordseeraum
Priorität 2 „Ein grüner Übergang in der Nordseeregion“: spezifisches Ziel „Förderung des Übergangs zu einer zirkulären und ressourceneffizienten Wirtschaft“
Nordwesteuropa
Priorität 3 „Übergang hin zu einer ortsbezogenen Kreislaufwirtschaft”: spezifisches Ziel „Förderung des Übergangs zu einer zirkulären und ressourceneffizienten Wirtschaft“
Mitteleuropa
Priorität 2 „Kooperationen für ein grüneres Mitteleuropa“: spezifisches Ziel „Förderung der Kreislaufwirtschaft in Mitteleuropa“
Ostseeraum
Priorität 3 „Klimaneutrale Gesellschaften“: spezifisches Ziel „Kreislaufwirtschaft“

Weitere Informationen

Programm „Region gestalten“: Vorhaben Potenzial der Kreislaufwirtschaft für die ländliche Entwicklung in Deutschland und Europa zum Vorhaben

Territoriale Agenda 2030: Artikel zur Kreislaufwirtschaft/Circular Economy (in Englisch) zum Artikel