Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung

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Rathaus von Forchheim in Franken, Bayern
Quelle: mojolo, Adobe Stock

Kleine Städte kooperieren transnational zur Lösung lokaler und regionaler Herausforderungen

Deutschland ist ein Land der Kleinstädte. 24,4 Millionen Menschen lebten zum Jahresende 2019 in Kleinstädten – und damit fast so viele wie in den 80 deutschen Großstädten (26,6 Millionen).

Das Image von Kleinstädten war lange düster: keine Infrastruktur, keine Geschäfte, keine Menschen. Dabei sind viele Kleinstädte, insbesondere die in der Nähe von Ballungsräumen, in den vergangenen Jahren sogar gewachsen. Kleinstädte bilden daher einen Forschungsschwerpunkt des BBSR und geraten verstärkt in den Blick von Interreg B-Programmen.

BBSR-Bericht „Kleinstädte in Deutschland“

Kleinstadt ist nicht gleich Kleinstadt. Kleinstädte in zentralen Lagen gewinnen Bewohnerinnen und Bewohner in der Phase der Familiengründung. Die Abwanderung insbesondere von jungen Frauen wirkt sich vor allem in peripher gelegenen Kleinstädten negativ aus. Unabhängig von ihrer Lage tragen Kleinstädte maßgeblich zu gleichwertigen Lebensverhältnissen bei – als Wohnorte, aber auch als wirtschaftliche Zentren in den Regionen. In zentralen Lagen sind die Kommunen häufiger Sitz hoch innovativer Unternehmen und Arbeitsorte für Beschäftigte in wissensintensiven Branchen.

Kleinstadtakademie

Mit verschiedenen Forschungsvorhaben und Förderprogrammen hat sich das BBSR in den vergangenen Jahren verstärkt der Stadtentwicklung kleinerer Städte und Gemeinden zugewendet. Für die Zusammenarbeit, Beratung und Vernetzung zu Themen der Stadtentwicklung in kleineren Städten und Gemeinden in Deutschland befindet sich eine Kleinstadtakademie in der Pilotphase.

Kleinstädte in Europa – die Territoriale Agenda 2030

Die Territoriale Agenda 2030 ist das Strategiedokument für die Raumentwicklung in Europa. Sie betont, dass gerade kleine und mittlere Städte über Potenzial verfügen, um eine Polarisierung zwischen Stadt und Land abzuschwächen, welches bisher wenig genutzt wird. Sie spielen eine entscheidende Rolle für die regionale wirtschaftliche Entwicklung und das soziale Wohlergehen. Unter norwegischer Federführung und unter deutscher Beteiligung läuft derzeit eine Pilotaktion zur Umsetzung der Territorialen Agenda 2030 unter dem Motto „Small places matter“.

Kleinstädte – auch ein Fokus der transnationalen Zusammenarbeit

In der Förderperiode 2021–2027 steht bei den Interreg-Programmen die integrierte räumliche Entwicklung wieder mehr im Vordergrund. Dahinter steht die Idee, dass sich lokale und regionale Herausforderungen nur durch das Zusammenwirken aller relevanten Fachbereiche und Verwaltungsebenen lösen lassen. Die Förderthemen der Interreg-Programme sprechen alle Raumtypen (Stadt und Land, Kleinstadt und Großstadt) gleichermaßen an und gehen oft auf die besonderen Herausforderungen bestimmter Orte ein.

Von den 47 deutschen Städten, die sich zwischen 2014 und 2020 an Interreg B-Projekten beteiligt haben, waren immerhin 15 kleinere Städte unter 50.000 Einwohnenden. Dazu gehören zum Beispiel die Städte Amberg, Sigmaringen, Vechta, Rinteln und Pirmasens. Von den 469 Interreg B-Projekten mit deutschen Partnern haben knapp zehn Prozent lokale Behörden im Konsortium. Hinzu kommt eine Vielzahl von Projekten mit lokalen Akteuren wie Wirtschaftsförderungen und Versorgern. Programmverantwortliche setzen sich dafür ein, die kommunale Beteiligung in der neuen Programmperiode zur erhöhen. Die neue Generation der sechs Interreg B-Programme mit deutscher Beteiligung bietet dafür eine große Bandbreite interessanter Ansatzpunkte – insbesondere auch für kleine und mittlere Gemeinden, um die Umsetzung von guten Lösungen fernab der Metropolen und Großstädte voranzubringen.

Ausgewählte Themen aus den Programmräumen

Das Alpenraumprogramm fördert unter anderem Projekte im Bereich der Klimaanpassung, so etwa die Umsetzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen in lokale Maßnahmen in Kommunen jeder Größe. Auch Pilotanwendungen im Bereich der Risikovorsorge werden gefördert, hier insbesondere in risikoexponierten Regionen und Kommunen. Im Bereich der Kreislaufwirtschaft betont das Programm die Vorteile für die wirtschaftliche Entwicklung sowohl von ländlichen als auch städtischen Regionen, die diesen Ansatz nutzen.

Das Mitteleuropaprogramm stellt zum Beispiel das Thema Mobilität in direkten Zusammenhang mit Mittel- und Kleinstädten. Es fördert die Einführung von intelligenten und grünen Mobilitätslösungen, wobei die Wechselwirkungen zwischen städtischen Kernen und ihrem kleinstädtischen Umland zu berücksichtigen sind.

Das Nordseeprogramm fördert beispielsweise Vorhaben, die Stadt-Land-Verbindungen in verschiedenen „grünen“ Themenbereichen stärken. Diese Bereiche umfassen etwa die Umstellung auf erneuerbare Energien, den Übergang zur Kreislaufwirtschaft sowie Maßnahmen im Bereich der klimafreundlichen Mobilität.

Das Ostseeprogramm fördert Projekte, die die Krisenfestigkeit von Gemeinden jeder Größe im Hinblick auf ihre wirtschaftliche und soziale Resilienz erhöhen. Die Erprobung intelligenter Gesundheitslösungen ist nur ein Beispiel, wie dies vor Ort geschehen kann. Ebenso werden Projekte unterstützt, die bedarfsorientierte öffentliche Dienstleistungen (unter anderem Planung, Gesundheit, Soziales) entwickeln, zum Beispiel in Gebieten, die Bevölkerungsrückgang verzeichnen.

Das Nordwesteuropaprogramm fördert die Anwendung von digitalen, smarten sowie nicht-technischen Lösungen, die die Attraktivität von Gemeinden jeder Größe und den Zugang zu Dienstleistungen in diesen Orten verbessern. Darüber hinaus werden Maßnahmen gefördert, die den Arbeitsmarkt gegenüber benachteiligten Gruppen öffnen, sowie Maßnahmen zum nachhaltigen Tourismus in Kommunen und Regionen jeder Größenordnung.

Das Donauraumprogramm spricht Kleinstädte explizit für den Themenbereich Kultur und nachhaltigen Tourismus im Hinblick auf eine inklusive wirtschaftliche Entwicklung an. Das gemeinwohlorientierte Management von Natur- und Kulturerbe und der damit verbundene naturbasierte und kulturelle Tourismus in ländlichen Gebieten und kleinen Städten wird gefördert.

Kleine Projekte – Interreg-Einsteigerprojekte für Kleinstädte

Neben den thematischen Ansatzpunkten bietet die neue Generation der Interreg-Programme auch neue Projektarten, sogenannte Kleinprojekte an, die die Zugangsbarrieren zur transnationalen Kooperation verringern sollen. Kleinprojekte sind von kürzerer Dauer, haben einen geringeren Mittelumfang und nutzen vereinfachte Abrechnungsmodalitäten beispielsweise über Pauschalen. Sie setzen dementsprechend überschaubare Maßnahmen um und können für sich stehen oder die Grundlage für spätere und umfassendere Folgeprojekte bilden.

Damit wird auf die Tatsache reagiert, dass personelle Engpässe in den Stadtverwaltungen Gestaltungsmöglichkeiten vielerorts einschränken. Kleinstädte bilden hier keine Ausnahme. Das betrifft nicht nur Planungsprozesse, sondern auch die Umsetzung. Interreg-Projekte werden als zusätzliche Aufgabe angesehen, die über die wichtigen Kernaufgaben hinausgeht. Dabei setzen gute Interreg-Projekte gerade bei den vor Ort drängendsten Herausforderungen an, wie die folgenden Projektbeispiele mit Beteiligung von Kleinstädten zeigen.

Projektbeispiele der transnationalen Zusammenarbeit zum Thema Kleinstädte

Die Kleinstadt Bützow ist Partner im Interreg-Projekt EmPaci
Quelle: fotograupner – stock.adobe.com

EmPaci – Der Bützower Bürgerhaushalt (Ostseeraum)

Bürgerhaushalte haben zum Ziel, die Bürgerinnen und Bürger an der Aufstellung des Haushaltsplans zu beteiligen. Sie können vor allem in Flächenländern mit relativ geringer Bevölkerungsdichte zur Förderung des Gemeinschaftsgefühls und der Teilhabe an der Gestaltung in den Kommunen beitragen. Im Rahmen des Interreg-Projekts EmPaci praktiziert die Kleinstadt Bützow in Mecklenburg-Vorpommern einen Bürgerhaushalt in Form eines Bürgerbudgets. Hierbei bestimmen die Einwohnenden per Ideenabgabe und anschließender Abstimmung direkt und unmittelbar darüber, wofür ein vorher bestimmtes Budget zu verwenden ist. Das Ergebnis der Abstimmung ist für den Stadtrat und die Verwaltung verbindlich.

Stronger Combined (Nordseeraum)

Wie attraktiv eine Kommune für Bewohnerinnen und Bewohner ist, hängt zum großen Teil auch davon ab, wie erreichbar der Ort mit all seinen Ortsteilen und seiner Umgebung ist. Die Stadt Rinteln aus Niedersachsen nimmt an dem Interreg-Projekt „Stronger Combined“ teil – und will auf diesem Weg die Mobilität auf dem Land verbessern. Insbesondere die Anbindung mit dem Bus zum neuen Krankenhaus in Vehlen steht im Fokus des Pilotprojekts. Beispielsweise wird die Einrichtung eines „Bürgerbusses“ mit Begleitservice getestet, um insbesondere für ältere Menschen die Attraktivität zu steigern.

Mehr Informationen

BBSR-Bericht Kleinstädte in Deutschland: zur Website des BBSR
Kleinstadtakademie: Website Kleinstadtakademie
Pilotaktion „Small places matter“: >> zur Website Territoriale Agenda 2030 (in Englisch)