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Datum 30.05.2023 „Interreg Nordwesteuropa war eine meiner Eingangstüren in die Interreg-Welt“

Interview mit David Grzegorzewski, Programmdirektor des Gemeinsamen Sekretariates Interreg Nordwesteuropa

Das Ruhrgebiet ist Teil von Nordwesteuropa
Quelle: Pixabay

Am 1. März 2023 hat David Grzegorzewski die Position des Programmdirektors im Gemeinsamen Sekretariat des Interreg-Programms Nordwesteuropa in Lille, Frankreich, übernommen. Zuvor war er bereits in Flandern (Belgien) für die Koordination des Interreg-Programms verantwortlich. Mit seiner langjährigen Erfahrung in der Entwicklung, Verwaltung und Durchführung von Förderprogrammen der EU-Kohäsionspolitik ist Grzegorzewski bestens geeignet, das Programm zu leiten.

Was hat Sie motiviert, beim Programmsekretariat Interreg Nordwesteuropa zu arbeiten?

Vor allem der europäische und internationale Kontext der Stelle sowie die Möglichkeit, Europa und die vielen Vorteile der Europäischen Union für Nordwesteuropa greifbar zu machen.

Unser Interreg-Programm greift viele der Herausforderungen und Entwicklungen auf, die sich auf das Alltagsleben der Bürgerinnen und Bürger Nordwesteuropas auswirken. Denken Sie zum Beispiel an den Zugang zu bezahlbarer und umweltfreundlicher Energie, zu sauberen und resilienten Lebensräumen in Städten und ländlichen Gebieten und an den Zugang zur bestmöglichen Gesundheitsversorgung. Kernaufgabe des Gemeinsamen Sekretariats ist die Umsetzung des Interreg-Programms Nordwesteuropa und der zugrunde liegenden Strategien durch konkrete Maßnahmen und Projekte.

Sie waren an der Entwicklung des aktuellen Interreg-Programms für Nordwesteuropa beteiligt, das viele grüne und soziale Aspekte beinhaltet. Welche Herausforderungen und Chancen sehen Sie für das Programm?

Die Themen „Zusammenarbeit“ und „intelligenter, grüner und gerechter Wandel“, mit denen wir uns beschäftigen, stehen in ganz Europa ganz oben auf der Tagesordnung. Politischen Strategien von der lokalen über die regionale bis hin zur EU-Ebene sind daher mehr denn je aufeinander abgestimmt. Ich sehe dadurch viele Möglichkeiten, Projekte und Lösungen von gemeinsamem Nutzen zusammen mit anderen Ebenen und Förderprogrammen zu entwickeln und zu finanzieren. Das kann auch die Hebelwirkung unserer Förderung optimieren. Gleichzeitig ist die komplexe Förderlandschaft eine Herausforderung für die Projektpartner. Daher fällt es ihnen häufig schwer zu beurteilen, welches Programm für sie am besten geeignet ist.

Nordwesteuropa ist relativ groß und bringt viele unterschiedliche Herausforderungen mit sich. Die Herausforderungen sind lokal sehr vielfältig. Daher erfordern viele von ihnen je nach Standort einen maßgeschneiderten Ansatz. Letzterer Punkt ist nicht immer leicht zu berücksichtigen oder mit dem transnationalen Ansatz, für den wir stehen, in Einklang zu bringen.

Wo sehen Sie Interreg Nordwesteuropa zu Ende der Programmperiode im Jahre 2027?

Wir werden eine klare Programmidentität beziehungsweise ein Programmimage haben. Damit wollen wir uns nicht von anderen Programmen in der weiteren EU-Förderlandschaft abgrenzen, aber Unterschiede verdeutlichen.

Mit dem Programm möchte ich auch erreichen, dass wir nicht nur Vorreiter darin sind, Mehrwert und Vorteile der Zusammenarbeit generell unter Beweis zu stellen, sondern auch die Vorteile speziell der transnationalen Zusammenarbeit, die wir als Programm verkörpern. Daher sollten wir das aktuelle Interesse für Ergebnisse nutzen, aber unsere Aufmerksamkeit auch vermehrt auf die Zeit nach dem Auslaufen der Förderung richten und Wissen kommunizieren.

Zu guter Letzt möchte ich erreichen, dass wir auf allen exekutiven Ebenen (lokal, regional, EU...) als faires, attraktives und leicht handbares Programm zur Umsetzung von Projekten wahrgenommen und geschätzt werden.

Wie würden Sie die Rolle und Position Deutschlands im Programm beschreiben?

Ich sehe Deutschland zunächst einmal als einen langjährigen Befürworter der transnationalen Zusammenarbeit, insbesondere der Funktion der transnationalen Zusammenarbeit als Instrument für den Zusammenhalt und die ausgewogene Entwicklung in der EU. Das ist im Zusammenhang mit Interreg-Fördermitteln von Bedeutung, bei denen politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger traditionell eher grenzüberschreitende Programme unterstützen.

Deutschland leistet nicht nur einen wichtigen Beitrag von EFRE-Fördermitteln zu Programmen wie unserem, sondern ist auch ein sehr proaktiver und effizienter Mitgliedstaat, der sich für integrierte und ortsbezogene Ansätze in unserem Programm einsetzt. Daher ist unser Programm recht offen dafür und möchte nicht nur große institutionelle Akteure bzw. Organisationen ansprechen, die bereits europäische Projekte umsetzen, sondern auch kleinere beziehungsweise weniger institutionalisierte Akteure, z. B. gemeinnützige Organisationen, KMUs, lokale Behörden, soziale Interessenvertreter oder Bürgerinnen und Bürger.

Wir hören oft, dass sprachliche Hindernisse für Antragstellende ein Thema sind. Können Sie etwas dazu sagen?

Unsere Verwaltungssprache im Zusammenhang mit Projekten ist in der Tat Englisch. Als Programm legen wir jedoch großen Wert auf einen persönlichen Service in der Muttersprache von Antragstellenden und Projektträgern. Daher stehen alle wichtigen Dokumente in den vier Programmsprachen, einschließlich Deutsch, zur Verfügung. Und wir haben in Nordwesteuropa auch mehrere Kontaktstellen, darunter zwei in Deutschland, die das gesamte Programmgebiet abdecken. Darüber hinaus besteht unser internationales Team im Programmsekretariat in Lille aus mehreren deutschen Muttersprachlerinnen und Muttersprachlern oder Menschen anderer Nationalitäten, die die Sprache beherrschen. Das Gleiche gilt für die transnationalen Partnerkonsortien, die Projekte mit uns durchführen: Sie sind häufig ein bereichernder Schmelztiegel aus Sprachen und Kulturen mit Partnern, die zusammenarbeiten. Lediglich bei der formellen Berichterstattung von Aktivitäten und Kosten an das Programm bleibt die Verwaltungssprache Englisch.

Welchen Rat würden Sie deutschen Organisationen geben, die zögern, an transnationalen Kooperationsprogrammen teilzunehmen?

Deutschen Partnern, die zögern oder befürchten, dass ihr Projekt für ein Programm im Nordwesteuroparaum nicht relevant ist, würde ich raten: keine Sorge. Erfahrungsgemäß wird Ihre Idee oder Ihr Thema auch von anderen Beteiligten in Nordwesteuropa als relevant und interessant erachtet.

Unser Programm kann auf strategische oder hochrangige Themen wie Kreislaufwirtschaft, Klimawandel und die Resilienz von Gebieten ausgerichtet sein. Doch unser Hauptinteresse besteht darin, wie die Themen im Alltag von Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen, Behörden oder Organisationen umgesetzt werden. Ich bin überzeugt, dass die „transnationale Arbeitsweise“ eine zusätzliche Dimension und kritische Masse entstehen lässt, und dass, anders als bei der Zusammenarbeit mit vertrauten Partnerinnen oder Partnern in der unmittelbaren Umgebung, neues und vielfältiges Wissen generiert wird.

Wo und wie sollen deutsche Partner bei der Partnersuche für eine Projektidee ansetzen?

Ich würde sagen: Nutzen Sie bereits bestehende Kontakte, setzen Sie sich mit unseren Kontaktstellen in Verbindung, damit diese Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für Sie finden, oder kommen Sie zu nationalen oder transnationalen Vernetzungsveranstaltungen, die vom Programm organisiert werden. Aus einer Mischung bestehender und neuer Kontakte entstehen für gewöhnlich neue Projektpartnerschaften. Sie können auch einfach unserer Online Community beitreten, um aktuelle Programmnachrichten zu erhalten, Ihre Projektidee anzumelden und anderen mitzuteilen, wonach Sie suchen.

Welche Möglichkeiten bieten sich für Organisationen, die teilnehmen möchten?

Unser Programm sieht verschiedene Arten der Beteiligung an Projekten vor. Als „assoziierter Partner“ zum Beispiel können Sie aus einer privilegierten Position heraus die Projektaktivitäten verfolgen, ohne die Formalitäten eines Projektpartners berücksichtigen zu müssen. Als Projektpartner können Sie auch unterschiedliche Rollen spielen: Sie können als Problemlöser oder Lösungsfinder fungieren, als derjenige, der (Fach-)Wissen einbringt oder einfach als derjenige, der anderen sein Gebiet als Pilot- oder Testgelände zur Erprobung von Lösungen zur Verfügung stellt. Sie müssen nicht automatisch für alle Aspekte eines Projektes verantwortlich sein. Erfahrene Projektleiterinnen und Projektleiter sagen, dass sie ein oder zwei Projekte benötigten, um sich und ihre Organisation daran zu gewöhnen, ein europäisches Projekt umzusetzen. Danach – so erzählen sie – wurden die Aktivitäten selbstverständlicher Bestandteil ihrer täglichen Arbeit als Organisation.

Zahlen zur deutschen Beteiligung im Interreg-Programm Nordwesteuropa

Interreg Nordwesteuropa 2014 – 2020 (Interreg V B):

  • 14 von 102 genehmigten Projekten wurden von einem deutschen Leadpartner geleitet (14 %).
  • Deutsche Partner waren in 75 von 102 Projekten vertreten.
  • Insgesamt wurden in diesen 75 Projekten 168 deutsche Projektpartner gefördert.
  • Im Programmgebiet investierten deutsche Partner rund 120 Mio. Euro, davon wurden 65,5 Mio. Euro über Interreg Nordwesteuropa aus dem EFRE finanziert.
  • Im Rahmen von Interreg V B waren die meisten deutschen Partner, der Reihenfolge nach, Hochschul- und Forschungseinrichtungen, Unternehmen und KMUs gefolgt von lokalen Behörden und Interessensgruppen (einschließlich NROs).

Interreg Nordwesteuropa 2021 – 2027 (Interreg VI B):

  • Bei der Anzahl der Antragstellenden zu Projektaufrufen im Rahmen von Interreg VI B folgt Deutschland knapp hinter Frankreich.
  • Die traditionell aktivsten Länder bezogen auf die Anzahl der beteiligten Partner sind nach wie vor Belgien und die Niederlande.

Weitere Informationen

Programmwebseite:
Interreg North-West Europe 2021 – 2027

Webseite Deutsche Kontaktstelle:
Deutsche Kontaktstelle Interreg B – Nordwesteuropa

David Grzegorzewski

Foto von David Grzegorzewski

David Grzegorzewski ist seit März 2023 Programmdirektor im Gemeinsamen Sekretariat des Interreg-Programms Nordwesteuropa. David Grzegorzewski verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Entwicklung, Verwaltung und Durchführung von Förderprogrammen im Rahmen der Kohäsionspolitik.