Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung

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Datum 02.05.2023 Auswirkungen der COVID-19-Pandemie in deutschen Grenzregionen

Claire Duvernet vom BBSR über die BBSR-Online-Publikation „Auswirkungen der Covid-19-Krise in den Grenzregionen“

BBSR-Online-Publikation
Quelle: BBSR

Eine Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) liefert zum ersten Mal eine quantitative Analyse der soziodemographischen Effekte der COVID-19-Krise in deutschen Grenzregionen.

Die plötzliche Grenzschließung im Frühjahr 2020 infolge der Corona-Pandemie war zwar für alle ein Schock, für Bewohnerinnen und Bewohner der Grenzregionen bedeutete sie aber ganz konkrete Einschränkung des Alltags. Die Verflechtungen von dicht besiedelten Grenzräumen sind allen klar geworden: Einkaufen, Arbeiten oder Spazierengehen waren plötzlich mit erheblichen Einschränkungen verbunden. Es wurde viel darüber berichtet, allerdings gab es keine evidenzbasierte Analyse, um die Effekte der COVID-19 Krise in Grenzregionen zu belegen. Diese Lücke versucht eine BBSR-Studie zu schließen.

Inwiefern unterscheiden sich die sozialen und ökonomischen Auswirkungen in Grenzregionen von anderen Regionen? Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten gibt es zwischen den Grenzregionen in Bezug auf sozioökonomische Entwicklungen? Mit diesen Fragestellungen hat sich die Studie befasst, die vom Büro Spiekermann & Wegener in Zusammenarbeit mit der Bürogemeinschaft agl Hartz • Saad • Wendl Landschafts-, Stadt- und Raumplanung durchgeführt wurde. Untersucht wurden alle deutschen Grenzregionen anhand von bundesweit verfügbaren Indikatoren zu den Themen Gesundheit, Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Demographie und Mobilität. Vier Fallstudien ergänzen die Studie mit qualitativen Aspekten. Die Analyse wurde zudem für den deutsch-französischen Grenzraum vertieft.

Die Studie hebt die Vielfältigkeit der Grenzregionen hervor – alle weisen sehr unterschiedliche Profile auf, sei es bezüglich des Verlaufs der Pandemie selbst, der Antworten darauf oder der sozioökonomischen Auswirkungen.

Gesamtinzidenz in Deutschland in den Grenzregionen

Obwohl die Gesamtinzidenz in deutschen Grenzregionen überall niedriger als in den Nachbarländern gewesen ist, lässt sich im Detail kein einheitliches Bild erkennen. An der Grenze zu Polen und Tschechien ist die Gesamtinzidenz deutlich höher als an der nördlichen oder westlichen Grenze (siehe Abb. 1). Ein Vergleich des Pandemieverlaufs in den Grenzregionen und in anderen deutschen Regionen zeigt keinen Einfluss der Lage auf die Inzidenz oder auf die Todesfälle. Es lässt sich auch kein direkter Zusammenhang zwischen der Inzidenz in den Nachbarländern und in den Grenzregionen erkennen.

Abbildung 1: Gesamtinzidenz je 100.000 Einwohner bis 21.12.2021

Abbildung 1: Gesamtinzidenz je 100.000 Einwohner bis 21.12.2021
Quelle: BBSR

Auswirkung der COVID-19-Pandemie auf den Arbeitsmarkt

Die COVID-19-Krise führte zu drastischen Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt. Als Indikatoren wurden in der Studie die Arbeitslosenquote, die Kurzarbeiterquote und die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten betrachtet. Eine Korrelation zwischen dem Ausmaß der Pandemie und den Effekten auf dem Arbeitsmarkt ist aber nicht erkennbar.

Betrachtet man zum Beispiel die Arbeitslosigkeit, so sind die Auswirkungen der Krise tendenziell stärker in den südlichen und westlichen Regionen (insbesondere an der Grenze zur Schweiz, zu Frankreich oder zu Luxemburg), die unterdurchschnittlich von der Pandemie betroffen waren und wo der Arbeitsmarkt sehr integriert ist. Während die Inzidenz in Ostdeutschland am höchsten war, war im Gegenteil der Anstieg der Arbeitslosenquote dort niedriger und das Vor-Krisen-Niveau schneller wieder erreicht.

Die Auswirkungen der Pandemie auf dem Arbeitsmarkt hängen also mehr von der Struktur des Raumes und von seinen soziodemographischen Merkmalen ab als von der geografischen Lage. So sind ländliche Regionen zum Beispiel weniger betroffen als urbane Gebiete. Und die Effekte sind nicht auf allen Arbeitssektoren gleich. Im Gastgewerbe beobachtet man den stärksten Rückgang an Beschäftigten und den stärksten Anstieg der Kurzarbeiterquote im ersten Halbjahr 2020. Im Bereich Information und Kommunikation hingegen hat sich 2020 und 2021 die Anzahl an Beschäftigten im Vergleich zu 2019 erhöht (Abb. 3).

Abbildung 2: Prozentuale Veränderung der Anzahl an Beschäftigungsverhältnissen in ausgewählten Wirtschaftsabschnitten im Vergleich zum gleichen Halbjahr in 2019

Abbildung 2: Prozentuale Veränderung der Anzahl an Beschäftigungsverhältnissen in ausgewählten Wirtschaftsabschnitten im Vergleich zum gleichen Halbjahr in 2019
Quelle: BBSR

Auswirkung der COVID-19-Pandemie auf die Mobilität

Auch die Mobilität wurde durch die Krise stark beeinträchtigt. Die Effekte sind je nach Strenge der Anti-Corona-Maßnahmen unterschiedlich sichtbar. Die Folgen sind aber in den Grenzregionen deutlich spürbar – insbesondere für die Grenzpendler. Diese Aspekte werden durch die Analyse von verschiedenen Fallbeispielen (wie beispielsweise „Personal im Gesundheitssektor an der deutsch-französisch-schweizerischen Grenze“ oder „Systemrelevante Arbeiter an der Grenze zwischen Tschechien und Bayern“) in der Studie detailliert aufgezeigt.

Im Kontext mit der COVID-19-Pandemie sind die Besonderheiten der Grenzregionen insgesamt in den Vordergrund gerückt. Jetzt wird deutlich, dass die Bewältigung dieser und zukünftiger Krisen nur durch differenzierte Maßnahmen erreicht werden kann. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit sollte gezielt durch eine strukturelle und institutionelle Förderung weiter vertieft werden. Daran arbeitet auch das BBSR mit verschiedenen Projekten – unter anderem mit mehreren MORO-Projekten an der deutsch-polnischen und deutsch-französischen Grenze.

Weitere Information

Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hrsg.), 2023: Auswirkungen der COVID-19-Krise in den Grenzregionen. BBSR-Online-Publikation 05/2023, Bonn zur Veröffentlichung

Claire Duvernet

Foto mit Claire Duvernet (Quelle: privat)

Claire Duvernet ist wissenschaftliche Projektleiterin im Referat „Europäische Raum- und Stadtentwicklung“ des BBSR. Sie arbeitet an Fragen zur grenzüberschreitenden Raumbeobachtung und Zusammenarbeit, insbesondere im deutsch-französischen Kontext.