Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung

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Datum 21.03.2023 Personalwechsel im Nordwesteuropa-Programm: Rückblick und Erwartungen

Interview mit Petra Schelkmann vom Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz und Hannes Kopf von der SGD Süd über den Wechsel im Deutschen Ausschuss für das Programm Nordwesteuropa

Symbolisch überreicht Petra Schelkmann ihrem Nachfolger Hannes Kopf einen Staffelstab
Quelle: Petra Schelkmann

Im Interreg-Programm Nordwesteuropa (NWE) steht ein Wechsel an. Petra Schelkmann war fast zehn Jahre Vorsitzende des Deutschen Ausschusses für das Interreg-Programm Nordwesteuropa und wird nun neue Herausforderungen auf kommunaler und regionaler Ebene annehmen. Die Aufgabe übernimmt ab 01.04.2023 Prof. Dr. Hannes Kopf, Präsident der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (SGD Süd). Im Doppelinterview berichten Frau Schelkmann rückblickend über ihre Erfahrungen und Herr Kopf über die neuen Herausforderungen.

Frau Schelkmann, Sie haben gut zehn Jahre das Interreg-Programm Nordwesteuropa als Vorsitzende des Deutschen Ausschusses betreut. Was war für Sie besonders wichtig bei der Umsetzung des Interreg-Programms? Worauf haben Sie besonders Wert gelegt?

Ja, in der Tat. Ich bin relativ zu Beginn meiner nunmehr 20 Jahre andauernden beruflichen Tätigkeit bei der Obersten Landesplanungsbehörde in Rheinland-Pfalz in Berührung mit Interreg gekommen. Dies habe ich nicht zuletzt meinem damaligen Abteilungsleiter Hans-Egon Baasch zu verdanken. Europäische Raumentwicklung erlebte damals mit der Stärkung der territorialen Dimension in der europäischen Kohäsionspolitik eine neue Dynamik und das europäische Miteinander hat für Rheinland-Pfalz als Grenzland zu Belgien, Luxemburg und Frankreich schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Hier mitgestalten zu dürfen, das hat mir Freude bereitet.

Besonders wichtig bei der Umsetzung des Interreg-Programms Nordwesteuropa war mir die Nähe zu den Antragstellerinnen und Antragstellern, eine gute Kommunikation der Programmziele und -inhalte und die Unterstützung guter Projektideen.

Besonderen Wert habe ich dabei immer auf eine sachorientierte und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Länderkolleginnen und Länderkollegen, den Projekten, den Programmpartnern, d. h. den anderen Mitgliedstaaten und natürlich der nationalen Kontaktstelle gelegt. Ich glaube, dass mir das ganz gut gelungen ist. Einfach war es sicher nicht immer, aber was ist schon einfach.

Wie ist Ihre Bilanz über Ihre Arbeit für das Interreg-Programm und was war Ihr ganz persönliches Highlight?

Meine Bilanz ist gemischt. Ich freue mich, dass wir so ein gutes Nordwesteuropaprogramm trotz der pandemiebedingten Widrigkeiten auf die Beine stellen konnten. Man muss bedenken, wir haben sowohl die Mittelverhandlungen wie auch die Inhalte des Programms auf Ebene der deutschen Länder wie auch auf transnationaler Ebene fast vollständig remote abgehalten. Hier war es natürlich hilfreich, dass „man sich kannte“. Ganz besonders freut es mich als Geografin und „Landesplanerin“, dass das neue Nordwesteuropaprogramm wieder stärker die Kommunen und Regionen aktiv anspricht und die territoriale Dimension an Bedeutung zunimmt. Hier schließt sich sozusagen der Kreis für mich und ich kann mich guten Gewissens meiner neuen Aufgabe bei der Metropolregion Rhein-Neckar widmen. Wichtig war mir auch eine gute Mittelausstattung für die transnationale Zusammenarbeit und auch für das Nordwesteuropaprogramm. Hier konnten wir für Nordwesteuropa zwar gut verhandeln, aber angesichts der Verteilung von „Schrumpfung“ für die transnationale Ausrichtung hätte ich mir hier mehr gewünscht. Der Raum Nordwesteuropa mit seiner hohen Bevölkerungsdichte ist zwar einer der wirtschaftsstärksten Räume Europas, steht aber in Zeiten von Klimawandel, Energieknappheit, Fachkräftemangel und nicht zuletzt dem Brexit vor großen strategischen und transformatorischen Herausforderungen. Europäische Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Akteuren und über Verwaltungsgrenzen hinweg, wie es Interreg ermöglicht, ist hier ein zwar kleiner, aber enorm wichtiger Baustein. Dies gilt übrigens auch für die transnationale Zusammenarbeit auf Programmebene zwischen den Mitgliedstaaten. Insofern hoffe ich, dass Interreg mit seinem „shared management“-Prinzip (geteilte Mittelverwaltung) noch eine lange Zukunft hat.

Was möchten Sie Ihrer Interreg-Community noch mit auf den Weg geben?

Da gäbe es sicherlich vieles zu sagen. Ich wünsche allen weiterhin viel Spaß und Durchhaltevermögen und ich werde die Arbeit auf Programmebene sicherlich vermissen. Ich wünsche meinem Nachfolger als Vorsitz im Deutschen Ausschuss für das Interreg-Programm Nordwesteuropa eine glückliche Hand und der neuen Kontaktstelle bei der SGD Süd in Neustadt an der Weinstraße einen guten Start.

Für die laufende Förderperiode wünsche ich der Interreg-Community insgesamt viele gute Projekte und eine erfolgreiche Kommunikationsarbeit. Für die anstehende Vorbereitung der Förderperiode 2027+ kann ich nur empfehlen, so früh wie möglich gemeinschaftlich an der strategischen Ausrichtung, insbesondere der transnationalen Zusammenarbeit zu arbeiten.

Zum Schluss möchte ich mich aber noch einmal ganz ausdrücklich bei allen (und es waren rückblickend doch einige) nationalen Kontaktstellen für das Interreg-Programm Nordwesteuropa bedanken, die mich begleitet und unterstützt haben und die deutschen Antragstellerinnen und Antragsteller stets gut beraten und betreut haben.

Ich freue mich, dass „NWE“ in Rheinland-Pfalz bleibt und werde Interreg auch von der neuen Position bestimmt nicht ganz aus dem Blick verlieren. Wir bleiben in Kontakt.

Herr Kopf, Sie werden ab 01.04.2023 den Vorsitz des Deutschen Ausschusses für das Interreg-Programm Nordwesteuropa übernehmen. Mit welchen Erwartungen gehen Sie an die neue Aufgabe heran?

Das Interreg B-Programm Nordwesteuropa fördert Projekte, die einen Beitrag dazu leisten, dass die Vision des „Green Deal“ konkret in die Realität umgesetzt wird. Die strategischen Ziele des Programms sind unter anderem ausgerichtet auf einen ökologischen und sozialen Übergang zu einer klimafreundlichen Kreislaufwirtschaft. Ich freue mich auf spannende Projekte und hoffe, dass wir hinreichend qualifizierte Anträge bekommen.

Bis zum 12. Juli 2023 können sich erstmals Kleinprojekte (Call 3) bewerben sowie die Langanträge als zweite Stufe des Bewerbungsverfahrens zu Call 2 eingereicht werden. Ende des Jahres wird dann mit Call 4 ein weiterer regulärer zweistufiger Förderaufruf gestartet. Neben der Entscheidung über Projektanträge der laufenden Förderperiode steht die Evaluation der alten Förderperiode einschließlich des Abschlusses der Projekte und bereits die ersten Vorbereitungsschritte für die Planung der nächsten Förderperiode nach 2027 an.

Hier gilt es, den Rahmen so weiterzuentwickeln, dass innovative Projekte, die eine Lösung für ein territoriales Problem im Nordwesteuropaprogramm vorschlagen, entwickelt und realisiert werden.

Ich freue mich darauf, diese Herausforderungen anzugehen und habe von Frau Schelkmann versichert bekommen, dass der Deutsche Ausschuss ein tolles und engagiertes Team ist und persönlich denselben Eindruck.

Was reizt Sie an der transnationalen Zusammenarbeit und welche Berührungspunkte hatten Sie bereits mit Interreg?

Interreg-Projekte sind gelebtes Europa. Hier werden große europäische Visionen wie der Green Deal und europäischer Zusammenhalt durch Bürgerinnen und Bürger lebendig, indem staatenübergreifende Netzwerke aus öffentlichen und privaten Organisationen, Zivilgesellschaft und Wissenschaft Vorhaben in die Tat umsetzen. Rheinland-Pfalz liegt im Herzen Europas und ist dementsprechend sehr an der europäischen Zusammenarbeit gelegen.

Ich bin bereits Mitglied im Begleitausschuss Interreg A Oberrhein sowie Präsidiumsmitglied der D-F-CH-Oberrheinkonferenz und damit aktiv in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Baden-Württemberg und Teilgebieten in Frankreich und der Schweiz.

An der transnationalen Zusammenarbeit im Interreg B-Programm Nordwesteuropa reizt mich der größere Rahmen: sowohl die Projekte haben ein größeres Finanzvolumen als auch der Programmraum ist weiter – über die mir bekannte Partnerschaft in Interreg A Oberrhein hinaus sind im Programmraum Nordwesteuropa die gesamte Schweiz, Belgien, die Niederlande, Irland, Luxemburg, Teile Bayerns, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Teile Niedersachsens und das Saarland vertreten.

Schon seit über drei Jahrzehnten (seit 1992) stärkt die Förderung der europäischen territorialen Zusammenarbeit die europäische Integration und Entwicklung der Regionen. Für mich sind die innovativen und nachhaltigen auf Klimaschutz, Erneuerbare Energien, Kreislaufwirtschaft und soziale Inklusion ausgerichteten Projekte gemäß dem Motto der EU „in Vielfalt geeint“ ein Beitrag für Frieden und Wohlstand und dieses gemeinsame Streben und Tun wird bereichert durch die regionalen kulturellen Eigenheiten.

Welche drei Aspekte sind Ihnen für Ihre neue Aufgabe besonders wichtig?

Ich möchte in guter Gemeinschaft Gutes tun, das vor Ort bei den Menschen ankommt.

  1. Für die Zusammenarbeit im Deutschen Ausschuss und als Delegation im transnationalen Begleitausschuss ist mir ein konstruktives Miteinander wichtig ebenso wie dass die transnationalen Projekte, die wir bewilligen, einen Gemeinschaftscharakter haben. Sowohl die Partner eines Projekts profitieren davon, wenn sie voneinander lernen als auch wir im Begleitausschuss und im Austausch mit den anderen Interreg-Programmen.
  2. Die Projekte sollen innovativ, ambitioniert und nah an den Menschen sein und ein besseres und gesünderes Leben ermöglichen.
  3. Als Begleitausschuss setzen wir uns dafür ein, dass die Rahmenbedingungen so gestaltet sind, dass gute Projektideen umgesetzt werden, die Fördermittel attraktiv sind, die Beantragung für die Antragsteller administrierbar ist und nur die Projekte gefördert werden, die realisierbar sind.

Petra Schelkmann und Prof. Dr. Hannes Kopf

Foto mit Petra Schelkmann und Prof. Dr. Hannes Kopf  (Quelle: privat)

Petra Schelkmann, Diplom-Geografin und Master of European Governance and Administration (MEGA), ist seit fast 20 Jahren in der rheinland-pfälzischen Landesplanung u.a. im Bereich von Interreg (transnationale und interregionale Zusammenarbeit) sowie in der grenz-überschreitenden Regionalentwicklung (auch im Rahmen von Interreg A-Projekten) tätig. Seit 2014 ist sie Vorsitzende des deutschen Ausschusses für das Interreg B-Programm Nordwesteuropa. Zum 1. April 2023 wechselt sie in leitende Position zum Verband Region Rhein-Neckar.

Prof. Dr. Hannes Kopf ist bislang bereits in Interreg A Oberrhein im Begleitausschuss vertreten. Der Jurist ist seit 2019 Präsident der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd und war zuvor Staatssekretär im Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz und Vizepräsident des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz.