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Datum 15.07.2022 BEECH POWER – Welterbe Buchenwälder: Stärkung einer ökosystem-basierten nachhaltigen Entwicklung

Interview zum Mehrwert des Interreg-Projekts BEECH POWER mit Frederik Bewer, Bürgermeister der Stadt Angermünde

Kick-Off des Interreg-Projekts BEECH Power
Quelle: Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde

Bis März 2022 führte die Stadt Angermünde zusammen mit sechs weiteren Projektpartnern aus Deutschland, Österreich, Kroatien, Slowenien und der Slowakei das Interreg-Projekt „BEECH POWER – World Heritage BEECH Forests: emPOWERing and catalyzing an ecosystem-based Sustainable Development“ durch. Das übergeordnete Ziel des Projektes war es, das integrierte Management der transnationalen seriellen UNESCO-Welterbe-Stätte „Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“ zu verbessern. Frederik Bewer, Bürgermeister der Stadt Angermünde, berichtet über Erfahrungen und Ergebnisse des Projektes aus Sicht seiner Gemeinde.

Worum ging es im Projekt BEECH POWER?

Hintergrund sind die Besonderheiten, die die UNESCO-Welterbe-Stätte „Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“ mit sich bringt. Sie stellt die komplexeste Stätte im weltweiten UNESCO-Portfolio dar – bestehend aus 94 Buchenwaldgebieten in 18 europäischen Ländern. Auf lokaler Ebene stehen die verschiedenen Teilgebiete der Welterbe-Stätte oft ähnlichen Herausforderungen gegenüber, z. B. wie Tourismus im und in der Umgebung des Welterbes organisiert wird, wie die Umgebung des Welterbes forst- und landwirtschaftlich bewirtschaftet wird und welchen Einfluss das auf das Welterbe hat oder wie das Welterbe von der lokalen Bevölkerung wertgeschätzt wird. Der sozio-ökonomische Kontext sowie die Umweltsituation sind aber auf lokaler und nationaler Ebene oft sehr unterschiedlich.

Um diese Herausforderungen zu meistern, bedarf es der Entwicklung von Strategien und Instrumenten, die die Welterbe-Gebiete in die regionale Entwicklung auf unterschiedlichen Ebenen mit einbeziehen. Für das Management der transnationalen Welterbe-Stätte ist daher eine gemeinsame Herangehensweise, internationale Zusammenarbeit und Austausch von großer Bedeutung, um gute Lösungen zu entwickeln, voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu unterstützen.

Im Rahmen des Projektes BEECH POWER sollten durch die stärkere Einbindung der verschiedenen administrativen Ebenen und die Aktivierung aller relevanten Interessengruppen im Umfeld der Schutzgebiete Qualität und Effektivität des Weltnaturerbe-Managements in den Teilgebieten erhöht werden.

Was war Ihre Motivation sich als kleine Gemeinde an einem Interreg B-Projekt zu beteiligen?

Im Stadtgebiet von Angermünde befindet sich das UNESCO-Weltnaturerbe-Teilgebiet Buchenwald Grumsin – eines von fünf deutschen Teilgebieten dieser Welterbestätte. Es liegt vollständig in einer seit 1990 ausgewiesenen Kernzone (Naturentwicklungsgebiet) des Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin. Seit seiner Aufnahme in die Familie der Welterbe-Gebiete – und auch schon auf dem Weg zur Ernennung – hat sich im Angermünder Ortsteil Altkünkendorf ein großes bürgerschaftliches Engagement diesbezüglich entwickelt, welches seit über elf Jahren auch größere Infrastrukturprojekte in Kooperation mit der Stadt Angermünde umsetzt. So konnte unter anderem ein Informationspunkt mit Ausstellung zum Weltnaturerbe eingerichtet und betrieben werden sowie ein Kirchturm zu einem Aussichtspunkt ausgebaut werden.

Für alle beteiligten Akteure zeigte sich in den Jahren aber immer deutlicher, welch großer Einsatz um das Weltnaturerbe-Teilgebiet Buchenwald Grumsin vonnöten ist, um den Anforderungen des Managements und der Weiterentwicklung gerecht zu werden. Hier kommt ehrenamtliches Engagement an seine Grenzen und verlangt nach funktionierenden Strukturen.

Altkünkendorf ist mit einem Infopunkt mit Ausstellung und dem zum Aussichtsturm umgebauten Kirchturm Ausgangspunkt für einen Besuch im Buchenwald Grumsin
Quelle: Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde

Themen wie Besucherbetreuung und Besucherlenkung, Pufferzonen-Management, Einbindung der Bevölkerung, Entwicklung von zielgruppengerechten Bildungsangeboten, Kommunikation mit Waldbesitzern und Anwohnenden sowie die Schaffung von touristischer Infrastruktur sind nur einige Themen, die dauerhaft bedient und unterstützt werden müssen – und zwar auf allen politischen Ebenen.

Mit dem Interreg-Projekt BEECH POWER sahen Angermünde und die lokalen Akteure eine Chance, sich im engen Austausch mit anderen Partnern diesen Herausforderungen zu stellen, aber auch eigene Ziele und Wünsche voranzutreiben und dies gemäß der betreffenden Welterbestätte in einem transnationalen und institutionenübergreifenden Verbund.

Am Ende geht es natürlich auch darum, über den Tellerrand zu schauen und uns Gehör zu verschaffen für die Dinge, die solch ein Weltnaturerbe für eine Region, eine Kommune wie Angermünde mit sich bringt.

Welche Möglichkeiten boten sich durch Interreg B, was andere nationale/europäische Förderprogramme nicht bieten?

Interreg B steht für transnationale Zusammenarbeit der Projektpartner und ist damit für die UNESCO Welterbestätte „Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“ prädestiniert. Außerdem zielt das Programm auf die Entwicklung und Erprobung von Strategien und Lösungsansätzen ab. Damit konnten im internationalen Kontext erstmals Grundlagen für ein Management einer solchen Welterbestätte geschaffen werden. Wir konnten Dinge entwickeln und ausprobieren. Darüber hinaus sahen wir uns als Stadt Angermünde stellvertretend für alle anderen Institutionen und Organisationen, die in das Management dieser Welterbestätte involviert sind und vor ähnlichen Problemen stehen. Die Möglichkeit, Wissen zu generieren und dauerhaft zur Verfügung zu stellen, war für uns eine große Chance aber auch Verpflichtung in dem Projekt.

Was sind die wichtigsten Ergebnisse des Projekts für Ihre Gemeinde?

Die Stadt Angermünde war verantwortlich für das Arbeitspaket 1 „Kommune & Welterbe“ zusammen mit Partnern aus Kroatien und Slowenien. Im Rahmen dieses Arbeitspaketes wurden in Angermünde gemeinsam mit regionalen Akteuren Workshops zur aktuellen Situation im Grumsin sowie zur Entwicklung von Strategien durchgeführt. Die Teilnehmenden entwickelten zahlreiche Ideen und Vorschläge für die Verbesserung des Managements, die dann in eine gemeinsame Strategie aufgenommen wurden. Diese dient den verantwortlichen Akteuren wie dem Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin und der Stadt Angermünde als Grundlage für zukünftige Umsetzungen und Aktivitäten sowie zur Beantragung von weiteren Fördermitteln.

Darüber hinaus konnten verschiedene Pilot-Maßnahmen umgesetzt werden, die zusammen mit den Menschen vor Ort im Rahmen der Workshops entwickelt wurden, wie die Durchführung eines Outdoor-Erste-Hilfe-Kurses für Natur- und Landschaftsführer sowie einer Freiwilligenwoche im Stadtwald von Angermünde. Aber auch weitere praktische Maßnahmen, wie die Durchführung eines Ferienangebotes für Kinder ab 6 Jahren oder die Erstellung von verschiedenen Dokumentationsfilmen konnten in Angermünde realisiert werden.

Eine weitere wichtige Aktivität, die Angermünde im Rahmen des Interreg-Projektes BEECH POWER umsetzte, war ein europäischer Jugendaustausch für Schülerinnen und Schüler der Stadt Angermünde und der Stadt Starigrad im Paklenica Nationalpark (Kroatien). Dieser mündete in einer Absichtserklärung beider Städte, den Jugendaustausch zu verstetigen mit dem Ziel, den jungen Generationen dieses besondere Weltnaturerbe mit seiner sozioökologischen Bedeutung und seinen Besonderheiten näher zu bringen – ganz nach dem Motto „Nur was wir kennen, können wir schätzen und schützen“.

Wie geht es nach Projektabschluss weiter und wie können die Projektergebnisse in der Region weiterhin genutzt werden?

Wir sind zum einen weiterhin mit unserem Lead Partner der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) im engen Austausch zu den Themen rund um den Buchenwald Grumsin und die weitere Entwicklung bzw. Ausrichtung der Region. Diese Begleitung durch die Hochschule ermöglicht uns eine Betrachtung auf internationaler und wissenschaftlicher Ebene. Zum anderen gilt es nun, zusammen mit dem Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin und dem Land Brandenburg die definierten Maßnahmen aus dem Strategiepapier und dem Kommunikationskonzept im Blick zu behalten und die Umsetzung zu planen.

Darüber hinaus möchten wir mit der Stadt Starigrad eine langfristige Partnerschaft aufbauen und den deutsch-kroatischen Jugendaustausch auch in den nächsten Jahren durchführen. Hier gilt es nun, nach einer Möglichkeit der Finanzierung oder Förderung zu suchen, damit sich die Reisen zukünftig umsetzen lassen.

Haben Sie Tipps für andere kleinere Städte, die sich an einem Interreg B-Projekt beteiligen wollen (z. B. was war positiv, was war herausfordernd)?

Wir können allen interessierten Kleinstädten und Kommunen, die offen für internationalen Austausch sind und einen Blick über den Tellerrand aktiv wahrnehmen möchten, nur raten, sich mit spannenden Projektpartnern zusammenzutun und ein Interreg B-Projekt anzustoßen. In unserem Fall haben wir sehr stark von dem stetigen Kontakt zur Hochschule für nachhaltige Entwicklung profitiert. Netzwerkarbeit, Kooperationen und multilateraler Austausch sind also absolut hilfreich und notwendig.

Herausfordernd ist vielleicht gerade für kleine Kommunen die „Übersetzung“ für die eigene Bevölkerung und die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern. Da es sich um englischsprachige Projekte handelt, die auf einer manchmal eher strategisch-planerischen (theoretischen) Ebene angesetzt sind, muss großen Wert auf die Vermittlung der Inhalte, Arbeitsfortschritte und Aktivitäten des Projektes gelegt werden. Es gilt, offen zu kommunizieren, welche Ziele mit dem Projekt verfolgt werden, was der Mehrwert für die eigene Stadt oder Gemeinde ist und welchen praktischen Nutzen man daraus zieht. Wir haben während des Projektes versucht, durch Pressearbeit, eine regelmäßige Versendung von regionalen Newslettern und einer ständigen Aktualisierung der Aktivitäten auf der Webseite dem Informationsbedarf der Bewohnerinnen und Bewohner bzw. relevanter Akteure nachzukommen. Gerade durch die praktische Umsetzung von konkreten Maßnahmen, die im Rahmen des BEECH POWER Projektes realisiert werden konnten, hatten wir in unserem Fall gute Möglichkeiten dazu.

Weitere Informationen zum Projekt

Projekt BEECH POWER (Stadt Angermünde)

Projekt-Website BEECH POWER

Frederik Bewer

Foto Frederik Bewer

Frederik Bewer ist Bürgermeister der Stadt Angermünde im Norden Brandenburgs.