Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung

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Datum 15.09.2021 „Der Gedanke, ausgehend von den Bedarfen der Regionen zu handeln und zu kooperieren, ist zentral.“

Interview mit Sina Redlich über Territorialität bei Interreg und was ein Projekt zu einem raumwirksamen Projekt macht.

Alpenraum (© Pixabay)

Territorialität erfährt in der anlaufenden Förderperiode 2021 – 2027 mehr Aufmerksamkeit. Im Interview berichtet Frau Redlich vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) über das Anliegen, das „T“ in der Europäischen TERRITORIALEN Zusammenarbeit zu stärken, um so Regionen nachhaltig voranzubringen.

Frau Redlich, Sie sind Mitglied einer Interact-Arbeitsgruppe zum Thema Territorialität bei Interreg. Was ist das Ziel der Arbeitsgruppe?

Jede Interreg-Programmperiode hat ihre Buzzwords – für die 2021er Programmperiode ist „Territorialität“ sicherlich eines davon. Das BBSR hat sich dem Ansatz der integrierten Regionalentwicklung bei Interreg seit je her verpflichtet. Gerade für Akteure, die nicht aus der Raumplanung oder Regionalentwicklung kommen, ist der Ansatz aber oft nur schwer greifbar. Eine Arbeitsgruppe auf Einladung von Interact befasst sich nun mit der Frage, wie Merkmale territorialer Projekte einfach operationalisiert werden können, sodass Projektpartner das Konzept in die Praxis bringen können. Im Austausch zwischen Programmakteuren aus der grenzüberschreitenden, transnationalen und europaweiten Zusammenarbeit und unter Einbeziehung weiterer Expertinnen und Experten werden Projektbeispiele zusammengetragen, Kernelemente territorialer Projekte identifiziert. Es wird diskutiert, ob territoriale Projekte durch Label ausgezeichnet werden sollten, zum Beispiel durch ein „Territoriale Agenda-Label“ in der Projektdatenbank keep.eu. Darüber hinaus steht zur Debatte, ob die bestehenden Projektauswahlkriterien räumlichen Merkmalen genügen oder ob sie dahingehend zu ergänzen oder zu präzisieren sind.

Was macht ein territoriales Interreg-Projekt aus?

Ein raumrelevantes oder ortsbezogenes Projekt hat als Ausgangspunkt Städte oder Regionen mit ähnlichen Herausforderungen (etwa Stadtteile, ländliche Gemeinden, Energieregionen etc.). Akteure sind lokale und regionale Behörden, lokale Organisationen, NGOs, Verbände, die Zivilgesellschaft, aber auch Unternehmen und Wissenschaftler. Sie arbeiten integrativ: Ausgehend von der Herausforderung vor Ort, werden relevante Sektoren (etwa Verkehr, Umwelt, Wirtschaft) eingebunden und Lösungen erarbeitet, um eine Region wirtschaftlich und nachhaltig voranzubringen. Die Ergebnisse sind von Relevanz für die in den beteiligten Regionen lebenden Bürger, verbessern zum Beispiel ihre Lebensqualität. Darüber tragen territoriale Projekte zur Umsetzung regionaler Strategien bei.

Fragestellungen, die lokale und regionale Bedarfe aufgreifen, umfassen eine große Spannbreite: Wie können klimaneutrale Städte und Regionen geschaffen werden? Wie können Klimaanpassungsmaßnahmen in Städten und Regionen nachhaltig umgesetzt werden? Welche Chancen birgt die Kreislaufwirtschaft, wenn sie auf lokalen und regionalen Strategien, Plänen und Ansätzen basiert? Wie kann allerorts eine nachhaltige Mobilität sowie digitale und physische Anbindung von Orten geschaffen werden? Im Prinzip können räumliche Projekte in jeder Interreg-Förderpriorität verortet sein.

Merkmale räumlicher Projektansätze (© BBSR) Merkmale räumlicher Projektansätze

Warum setzten Sie sich für Territorialität bei Interreg ein?

Territoriale Zusammenarbeit ist der Kern von Interreg. Leider ist das Konzept zuletzt gegenüber thematischen oder sektoralen Ansätzen in den Hintergrund geraten. Dies zeichnet sich klar am Rückgang der Beteiligung von lokalen und regionalen Behörden in Interreg-Projekten ab. Der Gedanke, der hinter diesem Ansatz steht, nämlich ausgehend von den Bedarfen der Regionen zu handeln und zu kooperieren, ist für uns im BBSR zentral.

Anteil lokaler und regionaler Behörden in Interreg IV B- und V B-Projekten (© Interreg IV B und V B-Datenbanken des BBSR, Stand: 30.08.2021)

Erfreulicherweise erfuhr die Territorialität im Vorlauf zur gerade anlaufenden Programmperiode von verschiedenen Seiten Aufwind. Die Territoriale Agenda 2030 hat einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass das Leitmotto „eine Zukunft für alle Orte“ auf der Agenda der Interreg-Programme angekommen ist. Aber auch Interreg B-Programme der nun auslaufenden Förderperiode 2014 – 2020 leisten bereits einen erheblichen Beitrag zur Umsetzung der TA 2030 – durch ihre Projekte. Dabei geht es unter anderem um „Social Empowerment“ im ländlichen Raum, um smarte digitale Transformation von Dörfern, um die Erreichbarkeit von Dienstleistungen in Regionen, die vom demografischen Wandel betroffen sind, um die Anbindung des Hinterlandes an die Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN_V) oder um „Erneuerbare-Energien-Regionen“. Solche Ansätze möchten wir weiterhin und verstärkt fördern.

Sina Redlich

© Sina Redlich

Sina Redlich ist Mitarbeiterin im Referat Europäische Raum- und Stadtentwicklung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Inhaltliche Schwerpunkte ihrer Arbeit sind die Europäische Raumentwicklungspolitik, insbesondere die Umsetzung der Territorialen Agenda 2030, und die transnationale Zusammenarbeit im Rahmen von Interreg B. Sie betreut auf Seiten des BBSR das Nordwesteuropa-Programm, INTERACT sowie Forschungsprojekte im Themenbereich.