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Datum 05.05.2021 Kann und soll Interreg zur Umsetzung der Territorialen Agenda 2030 beitragen? Keine Frage, ja!

Dr. Philipp Schwartz und Bernhard Schausberger vom Interact-Programm über die Bedeutung von Interreg als Instrument der Europäischen Territorialen Zusammenarbeit

Frau mit EU-Flagge (© encierro - stock.adobe.com)

Im Rahmen ihrer Tätigkeit bei Interact beschäftigen sich Dr. Philipp Schwartz und Dipl. Ing. Bernhard Schausberger unter dem Arbeitstitel „Bringing territoriality into Interreg“ mit dem territorialen Element von Interreg. Hierbei bauen sie auf ihre langjährige Erfahrung in und mit Interreg-Programmen und Projekten auf. Im folgenden Beitrag gehen sie auf die Wechselwirkung zwischen Interreg und der Territorialen Agenda 2030 ein. Es ist die (überarbeitete) Übersetzung eines am 1. April 2021 auf Englisch erschienenen Blogbeitrags auf der Internetseite der Territorialen Agenda 2030 (www.territorialgenda.eu).

Interreg ist die Welt, in der wir leben und arbeiten. Entweder entwickeln wir Projekte und verwirklichen sie oder helfen als Projektmanager in einem Interreg-Programm eben diesen Projekten bei ihrer Entwicklung und Umsetzung. Das Ziel sind Projekte, die gemeinsame Probleme lösen oder gemeinsame Chancen nutzen, indem Kräfte über Grenzen hinweg gebündelt werden. Wenn wir über unsere Arbeit sprechen, tun wir dies im typischen Jargon der „Community“. Aber gleichsam hinter Interreg verborgen, liegt ein Begriff, den wir nicht wirklich oft verwenden: Europäische Territoriale Zusammenarbeit – die offizielle Bezeichnung im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik. Dieser Begriff ist ein bisschen sperrig und nicht so einprägsam und daher hört man wohl viel öfter Interreg. Die Förderprogramme heißen Interreg-Programm X, Y, Z, die gemeinsame Internetseite ist unter interreg.eu zu finden. Wenn man auf 30 Jahre Interreg-Geschichte zurückschaut, ist dies verständlich. Aber riskieren wir nicht einen wichtigen Bestandteil unserer Arbeit zu vergessen? Dass es nämlich nicht nur um Zusammenarbeit in Europa geht, sondern um Europäische Territoriale Zusammenarbeit. Daher ist die Antwort auf die Frage, ob Interreg zur Umsetzung der https://territorialagenda.eu/ (TA 2030) beitragen kann und soll, ganz einfach: Ja! Schon per Definition können und sollen Programme der Europäischen Territorialen Zusammenarbeit zur Territorialen Agenda 2030 beitragen und diese im Sinne einer Agenda der Territorialen Zusammenarbeit stärken.

Tragen Interreg-Projekte zur Raumentwicklung bei?

Dies bringt uns zur nächsten Frage. Seit 2000 betreibt Interact die Projektdatenbank https://keep.eu/; sie enthält derzeit über 24.000 geförderte Projekte. Diese Projekte wurden oder werden gerade in einem bestimmten Raum umgesetzt – dem jeweiligen Programmraum. Aber handelt es sich bei diesen Projekten auch um territoriale Projekte, d.h. um Projekte, die bewusst zur Raumentwicklung beitragen? Setzen die Projekte gezielt auf eine räumliche Wirkung? Oder ist das primäre Projektziel der Beitrag zu Sektoralpolitik? Und wie sieht es in der Zukunft aus? Interreg-Programme müssen in der Förderperiode 2021 – 2027 aus fünf politischen Zielen (PZ) auswählen. Von diesen haben vier einen sektoralen und nur eines (nämlich das politische Ziel 5) einen expliziten räumlichen Fokus, der demgemäß zwingend einen räumlichen Ansatz erfordert. Dies könnte zu dem Verständnis bzw. eher Missverständnis führen, dass nur Projekte im Politikziel 5 eine räumliche Dimension haben sollen. Ist das so? Nach unserem Verständnis nicht. Denn für Interreg-Projekte im Sinne eines Beitrags zur Europäischen Territorialen Zusammenarbeit sollten Raumentwicklung bzw. die räumliche Dimension ein wesentlicher Baustein sein – sei es implizit oder explizit.

Was macht ein räumliches Kooperationsprojekt aus?

Aber was macht ein Interreg-Projekt zu einem territorialen, d.h. „raumbewussten“ Projekt? Braucht es spezifische Auswahlkriterien für die Bewertung der Anträge, um bestimmen zu können, ob ein Projekt territorial ist und die Umsetzung der TA 2030 unterstützt? Gibt es zumindest einige Charakteristika, die beschreiben, wie ein territoriales Projekt aussieht? Einige dieser Merkmale wurden bereits während der Interact-Veranstaltung „https://www.interact-eu.net/events/territorial-cooperation-agenda-2030” am 16. März 2021 kurz angesprochen. Aber es gibt sicherlich noch weitere Merkmale und dies ist etwas, woran wir in Interact in den kommenden Monaten arbeiten werden. Wir wünschen uns eine Sammlung von Projekten mit einer klaren und eindeutigen räumlichen Dimension, die zur TA 2030 beitragen. Um dann auf der Grundlage dieser Sammlung die gemeinsamen Elemente und Merkmale herauszufiltern, die ein echtes räumliches Kooperationsprojekt ausmachen.

Wechselwirkung zwischen Interreg und der TA 2030

Aber warum sollte es uns überhaupt kümmern, ob ein Projekt territorial ist oder nicht? Worin liegt der Mehrwert, territoriale Projekte definieren und erkennen zu können? Die Verbindung zwischen Interreg-Programmen und Projekten auf der einen und der TA 2030 auf der anderen Seite sollte keine Einbahnstraße sein, sondern vielmehr eine positive Wechselwirkung! Denn letztlich profitieren beide Seiten, d.h. die TA 2030 und Interreg davon! Kleine Interreg-Projekte können nämlich einen wertvollen Beitrag zur großen Territorialen Agenda leisten! Die Beziehung von Interreg-Programmen und Projekten, „gegenüber“ der TA 2030, ist nicht als Beziehung zwischen David und Goliath zu verstehen. Vielmehr sind die beiden ein Team, in dem die Spieler unterschiedliche Fähigkeiten und Stärken aufweisen!

Zusammenfassend kann man sagen, dass der beiderseitige Nutzen einer engen Wechselwirkung zwischen der TA 2030 und den Interreg-Programmen bzw. -Projekten offensichtlich ist. Der übergeordnete Rahmen der TA 2030 hilft den Interreg-Programmen diejenigen Projekte zu erkennen und auszuwählen, die eine über die Projektpartnerschaft bzw. den Programmraum hinausgehende Wirkung entfalten und zu einem größeren Ganzen, nämlich einer sinnvollen und zukunftsorientierten räumlichen Entwicklung in Europa beitragen. Erst damit kommt das wahre Verständnis von Interreg als Europäische(!) Territoriale(!) Zusammenarbeit(!) zum Ausdruck, indem die einzelnen Projekte und Programme zu übergreifenden gemeinsamen Zielen beitragen. Diese Ziele sind die europäische Integration and territoriale Kohäsion. Die bewusste Nutzung der positiven Wechselwirkung wäre ein weiterer Beleg, warum wir die Europäische Territoriale Zusammenarbeit brauchen, heute und in der Zukunft!

Weitere Informationen:

Kontakt: philipp.schwartz@interact-eu.net

Der Beitrag spiegelt die Meinung der Autoren und nicht notwendigerweise die offizielle Meinung von Interact wider.

Dr. Philipp Schwartz und Bernhard Schausberger

Foto mit Dr. Philipp Schwartz und Bernhard Schausberger (Quelle: Dr. Philipp Schwartz und Bernhard Schausberger)

Dr. Philipp Schwartz arbeitet seit 2013 im Interact-Team. Zuvor war Dr. Schwartz von 2007 bis 2013 Leiter des Gemeinsamen Technischen Sekretariates des Central Baltic INTERREG IV A-Programms. Von 2001 bis 2004 leitete er das Kooperationsbüro des Landes Mecklenburg-Vorpommern für den östlichen Ostseeraum in Tallinn, bevor er von 2004 bis 2007 als Senior Advisor u. a. für grenzüberschreitende Zusammenarbeit beim Ostseerat in Stockholm tätig war.

Dipl. Ing. Bernhard Schausberger ist seit 2017 bei Interact tätig. Nach seinem Studium der Raumplanung und Regionalwissenschaft an der TU Wien arbeitete er als Konsulent im Bereich der Kohäsionspolitik der EU (Studien, Programmierung, Evaluation, Training und Wissensvermittlung) bevor er zuletzt im Gemeinsamen Sekretariat für das Interreg-Programm Slowakei-Österreich tätig war.