Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung

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Projekt MANDIE (Nordwesteuropa)

Frankfurt-Höchst
Quelle: Projekt Mandie

MANDIE steht für "Managing District Centres in North West Europe", was soviel bedeutet wie "Stadtteil-Management in Nordwesteuropa". Zusammen mit Gewerbetreibenden und Bewohnern erproben die Projektpartner Maßnahmen, um Stadtteilzentren als attraktive Lebensräume und funktionierende Nahversorgungszentren zu stärken - ab in die Stadtteilzentren und rein in die Mitte des Bewusstseins jedes Einzelnen. Und ganz nebenbei entstehen so Vorbilder für ganz Europa.

Verrückt nach MANDIE

Das Leuchtturmprojekt MANDIE

MANDIE steht für „Managing District Centres in North West Europe“, was soviel bedeutet wie „Stadtteil-Management in Nordwesteuropa“, und ist ein EU-Projekt. Die elf Projektpartner kommen aus Deutschland, den Niederlanden, Frankreich und Großbritannien. Für drei Jahre arbeiten sie gemeinsam an der Stärkung von Stadtteilzentren als attraktive Lebensräume und funktionierende Nahversorgungszentren. Es werden bedarfsgerechte Angebote geschaffen, Vermarktungsstrategien entwickelt und Ladenleerstände bekämpft werden. In Zusammenarbeit mit Gewerbetreibenden und Bewohnern aus dem Stadtteil sollen diese Maßnahmen erprobt werden – ab in die Stadtteilzentren und rein in die Mitte des Bewusstseins jedes Einzelnen. Und ganz nebenbei sollen so Vorbilder für ganz Europa entstehen.

Von Polyzentrismus, Kunden und dem lieben Geld

Viele Städte zeichnen sich durch eine polyzentrische Struktur aus: Traditionell versorgen neben der Innenstadt insbesondere die kleinen und gewachsenen Stadtteile mit ihren Zentren die Anwohner mit Dingen und Dienstleitungen des täglichen Bedarfs. Sie sind Begegnungsraum und wichtig für den lokalen Arbeitsmarkt. Während sich aber der Handel in den Innenstädten dank Marketingmaßnahmen und neuer Einzelhandelskonzepte zumeist stabilisieren konnte, sind viele Stadtteilzentren heute erheblich geschwächt – es fehlen die Kunden. Diese bevorzugen den „Komfort der grünen Wiese“ mit großzügigen Einkaufsflächen und kostenlosen Parkplätzen oder suchen das Einkaufserlebnis in der Innenstadt. Neue Vertriebsformen wie das Internet oder die Marktmacht großer Konzerne mit ihren aggressiven Dumpingpreisen setzen den Einzelhandel und v.a. das Handwerk zusätzlich immer mehr unter Druck. Die Folge: In den Stadtteilzentren können – wenn überhaupt – nur noch die Filialen größerer Konzerne wirtschaftlich arbeiten. Kleinere und mittelständische Traditions- und Familienunternehmen hingegen sehen sich zunehmend in ihrer Existenz bedroht. Viele Geschäfte mit einer langen Bestehensdauer und Tradition mussten schon aufgegeben. Es ist Zeit zu handeln und damit Zeit für MANDIE.

Strategische Gemeinsamkeit

Am Projekt MANDIE beteiligen sich die belgischen Städte Mons und Antwerpen, aus Großbritannien Oldham und Bury, aus den Niederlanden Eindhoven und aus Deutschland Stuttgart, Frankfurt am Main und Hagen. Gemeinsam wollen sie ihre betroffenen Stadtteilzentren revitalisieren und damit vor strukturellen Verödungstendenzen bewahren. So sollen sich Dienstleistungsangebote wieder stärker am Kunden orientieren, um diesen auch langfristig zu binden. Außerdem werden kreative Start-ups durch neue Formen des Leerstandsmanagements gefördert und in das Stadtteil-Gefüge einbezogen. Wissenschaftliche Unterstützung geben die Fachhochschule für Technik Stuttgart (Planungswissenschaften) und die belgische wie britische Vereinigung der Stadtteilmanager. Sie entwickeln interdisziplinäre Studienmodule, um das Thema Stadtteilmanagement in universitäre Lehre einzubinden. Das Profil des Stadtteilmanagers wird geschärft und transnationale Fortbildungen werden angeboten.

Leerstand in Doornakkers-Eindhoven
Quelle: Projekt MANDIE
„Farmer’s Market“ im britischen Bury
Quelle: Projekt MANDIE

Von Luxusproblemen, Ehrgeiz und guten Beispielen

Auf diese Ansätze scheinen die MANDIE-Stadtteile geradezu gewartet zu haben. Wer beispielsweise im Stuttgarter Stadtteil Untertürkheim vom Bahnhofsvorplatz in Richtung Widdersteinstraße blickt, den mag Wehmut befallen. Denn in den Schaufenstern des ehemaligen Metzgers, Konditors oder der Gaststätte „Zum Goldenen Anker“ bieten Makler-Anzeigen die verwaisten Immobilien zum Kauf an.

„Vor allem Fachhändler sterben aus“, erklärt der Stuttgarter Stadtteilmanager Torsten von Appen. Nicht immer finden die Eigentümer der Immobilen einen passenden Mieter. Stuttgart hat aber im Vergleich zu anderen Städten im Projekt ein Luxusproblem, was den Leerstand betrifft. Dennoch muss auch hier gehandelt werden und so sollen die etwa 80 leer stehenden Gebäude in den Stuttgarter Stadtteilen wieder mit Leben gefüllt werden. Vermietern und Interessenten wird ein ganzes Maßnahmenpaket bestehend aus ansprechenden Beklebungen von Schaufenstern, Informations-Flyern direkt am Geschäft oder einer Immobilien-Plattform im Internet angeboten. Firmen und Makler suchen einen schnellen Überblick über die Standorte, zuverlässige Fakten und fundierte Daten. Das wissen auch die MANDIE-Partner. Für die (Wieder-) Belebung der Stuttgarter Stadtteilbezirke sorgen aber auch Aktionen wie verkaufsoffene Sonntage, die von lokalen Aktions- und Interessensgemeinschaften organisiert werden. Und das Alles zum Wohl des eigenen Stadtteils. Auch Hagen Wehringhausen macht seine Händler und Bewohner mobil. Der Gesundheitstag mit außergewöhnlichen Angeboten rund um das leibliche Wohl oder auch die Nacht der Langen Tische sind nur einige Beispiele, die durch das Projekt MANDIE und natürlich viel Ehrgeiz vor Ort möglich wurden. Im neuen Quartiersbüro in Frankfurt Höchst sollen vor allem Existenzgründern attraktive Angebote aus dem Stadtteil gemacht und Hauseigentümer bei der Vermietung ihrer Gewerbeflächen beraten werden.

Der Erfolg – er soll bleiben

Eines ist klar: Die Angebote kommen gut an und es gibt viele Anfragen. Auch wenn im Projekt MANDIE nicht alle Wünsche erfüllt werden können, steht schon vor dem Ende des Projekts fest, dass der Erfolg wegweisend ist. Stadtbezirke und örtliche Initiativen brauchen einen festen Ansprechpartner. „Nun ziehen endlich alle an einem Strang“, meint von Appens Chef, der Stuttgarter Wirtschaftsförderer Dr. Klaus Vogt. Und das Beste: Diese Erfolge stehen nicht für sich – sie werden weiterentwickelt und angewandt in den Partnerregionen von MANDIE und wandern so über die Landesgrenzen hinaus.

MANDIE ist INTERREG-Leuchtturm…

… weil erkannt wurde, dass Städte lebendige und attraktive „Stadtteile“ brauchen.

… weil eine durchdachte Marketingstrategie in Verbindung mit lokalem Engagement gegen trostlose Bezirke und sterbende Familienbetriebe wirkt.

…weil Stadtteilzentren wieder echte Begegnungsräume werden und so der „Anonymen Großstadt“ entgegen wirken.

Interview mit Torsten von Appen, Stadtteilmanager Stuttgarts

Der Marketingexperte Torsten von Appen begann im November 2007 bei der städtischen Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt Stuttgart als erster Stadtteilmanager. Zu seinen Aufgaben gehören, gemeinsam mit den örtlichen Handels- und Gewerbevereinen, sowie dem Bund der Selbständigen, den Interessen- und Werbegemeinschaften aus den Stuttgarter Stadtbezirke nachhaltige Werbe- und Marketingkonzepte zur Stärkung der Kaufkraft und Attraktivität zu entwickeln. Weiterhin hat der Stadtteilmanager die Aufgabe des Lotsen, sprich: Anregungen, Fragen oder Ideen aus den Stadtbezirken in die städtischen Ämter zu tragen.

Was war für Sie im Rahmen des Projekts ein ganz besonderes Erlebnis?

Bereits in den ersten Gesprächen mit den Vorsitzenden der Handels- und Gewerbevereine wurde schnell deutlich, dass es ein beiderseitiges Interesse war, die Probleme in den Stadtbezirken schnell anzugehen. Demzufolge sind die bereits umgesetzten Maßnahmen und Projekte von einer großen Nachhaltigkeit gekennzeichnet.

Warum war es so sinnvoll, in diesem Kontext transnational zusammenzuarbeiten?

Gerade im Hinblick darauf, dass sowohl in der Fachliteratur als auch im gesamten Bundesgebiet das Stadtteilmanagement bisher nur aus sozialen Gesichtpunkten betrachtet wurde, ist die neue wirtschaftliche Ausrichtung des Stadtteilmanagements ein neuer Ansatz, den es natürlich vereinfacht, wenn mehrere nationale und internationale Projektpartner daran arbeiten. Vor allem werden die eigenen Gewohnheiten mit denen der anderen Projektpartner nach positiven und negativen Gesichtpunkten kritisch betrachtet.

Welche wichtige Erfahrung können Sie an alle weitergeben, die ein ähnliches Projekt anstreben?

Es macht einfach Spaß, mit nationalen und internationalen Projektpartnern zusammenzuarbeiten und gemeinsam einen neuen Ansatz zu verfolgen. Vor allem lassen die unterschiedlichsten Kulturen, die aufeinander treffen, freien Spielraum für neue Ideen und Kreativität.

Fakten zum Projekt

Kooperationsraum:
Nordwesteuropa
Förderzeitraum:
Interreg IV B, 2008 - 2011
Konsortium:
Fünf deutsche und sechs internationale Partner
Themenschwerpunkt:
Wirtschaft, Arbeit & Leben
Ziele:
Verstehen der Prozesse in Stadtteilzentren; Definition des Stadtteil-Managements in NWE; Entwicklung übertragbarer Methoden zur Steigerung der Attraktivität und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Modellstadtteile, Bekanntmachen des Stadtteil-Managements in NWE.
Website:
Stuttgarter-Stadtbezirke.de

Downloads

Torsten von Appen, Stadtteilmanager Stuttgart

Torsten von Appen, Stadtteilmanager Stuttgarts